Fahrgastrechte@DB: Ist das wirklich Digitalisierung?
Wer kennt es nicht, man fährt mit der Bahn und man lernt auf ein neues, dass die versprochene Ankunft am Zielort mehr Theorie als Praxis ist.
Wer kennt es nicht, man fährt mit der Bahn und man lernt auf ein neues, dass die versprochene Ankunft am Zielort mehr Theorie als Praxis ist. Als Vielfahrer vor Corona war ich es deshalb gewohnt, ständig Fahrgastrechte-Formulare als PDF-Dokument am PC auszufüllen und diese analog per Post an das Service-Center Fahrgastrechte in Frankfurt zu schicken. Umso erfreuter war ich, als ich in den Medien gelesen habe, dass das Antragsverfahren für Erstattungen bei Verspätungen im Jahr 2021 jetzt digital möglich sein soll. Versprochen wurde mir, alles ist jetzt ganz einfach und schnell. Das mit der Schnelligkeit ist sehr relativ, es braucht ganze 14 Schritte, um einen Fahrgastrechte-Antrag für ein zugebundenes Online-Ticket einzureichen.
Der ganze Prozess beginnt mit dem Suchen meiner Fahrkarte im Login-Bereich auf bahn.de. Für den Kunden ist es eine Zumutung, dass die Suche sich auf das Buchungsdatum bezieht. Wer weiß schon, wann er das Ticket genau gebucht hat, das kann Monate her sein. Besser wäre hier die direkte Anzeige aller Tickets absteigend sortiert nach Reisedatum. In der Regel reicht man einen Erstattungsantrag ja für die letzte Fahrt ein.
Im nächsten Schritt wird gefragt, ob man mehr als 60 Minuten Verspätung hatte oder der reservierte Sitzplatz nicht vorhanden war. Das sollte die Bahn eigentlich selber aufgrund Ihrer Daten wissen.
Jetzt beginnt der eigentliche Antrag. Man hat die Wahl zwischen einer Rückerstattung oder einer Entschädigung. Die Frage kann die Bahn sich ebenfalls selber beantworten. Bin ich mit dem Ticket gefahren, werde ich es mir wohl schwer rückerstatten lassen wollen. Es folgen weitere Fragen, welche die Bahn sich in einer digitalen Welt aus Ihren Daten herleiten können müsste.
Die beste Frage ist jedoch: „Welche Verbindung war Ihre geplante Verbindung?“ Jetzt fängt man echt an sich zu fragen, was läuft bei der Bahn denn schief? Wie eingangs erwähnt handelt es sich um ein zugebundenes Ticket. Nach ihren eigenen Regeln kann ich nur diese gebuchte Verbindung gewählt haben. Die Abfrage dieser Information ist somit vollkommen Sinn befreit.
Anschließend folgt die Frage, wann ich angekommen bin. Auch nicht ernsthaft digital. Aus Kundensicht würde es mehr Sinn machen, mir mögliche Vorschläge anzuzeigen. Schließlich kann auch das die Bahn aus Ihren Daten eigenständig eruieren.
Auch die Folgefrage, ob ich mein Ticket für die ganze Strecke genutzt habe, sollte die Bahn sich selber beantworten können. In jeden Zug wird schließlich mein Ticket kontrolliert und eingescannt.
Die dann folgende Nachfrage nach zusätzlichen Ausgaben ist bei der Beantwortung der vorherigen Frage mit „Ja ich habe das Ticket bis zum Ziel genutzt“ wenig sinnhaft. An welcher Stelle soll ich denn zusätzliche Ausgaben gehabt haben?
Nun folgt die Eingabe der persönlichen Daten. Immerhin werden diese vorausgefüllt aus meinem Profil übernommen. Nur ist es für den Kunden hier vollkommen irrelevant, ihn dies abzufragen und dann auch noch anzuzeigen. Was soll sich während des Antrags denn daran geändert haben? Hier wird was in ungerechtfertigter Weise vermischt, Stammdatenpflege hat nichts mit Fahrgastrechten zu tun.
Die Abfrage der Bankverbindung lässt sich wohl nicht immer vermeiden. Ist jedoch ein SEPA-Lastschrifft Mandat hinterlegt würde es Sinn machen, diese Bankverbindung als Vorschlag zu unterbreiten. Zudem wird so Betrug vorgebeugt, da das Ticket auch über diese Bankverbindung bezahlt worden ist.
Nach Versenden des Antrags erhält man eine E-Mail in bestem Beamtendeutsch mit all seinen eingegebenen Daten. Als ITler hoffe ich jetzt nur, dass kein BCC an das Service-Center Fahrgastrechte in Frankfurt gegangen ist, um hier den Antrag dann wieder analog weiter zu „bearbeiten“.
Soweit erst einmal die Beschreibung des Prozesses, einen Fahrgastrechte-Antrag „digital“ oder besser online bei der Bahn einzureichen. Ich hoffe, dass die Bahn das nicht ernst meint, dass so Digitalisierung aussieht. In Wahrheit haben sie ihr altes PDF-Formular genommen und in bunte Eingabemasken verwandelt. Vor 10 Jahren wäre das Fortschritt gewesen, heute ist das nicht mehr zeitgemäß.
Ein wirklich digitaler Fahrgasrechte-“Antrag“ sähe so aus: Der Zug hatte Verspätung, die Bahn informiert einem 15 Minuten nach tatsächlicher Ankunft per E-Mail darüber, dass man Anspruch auf eine Erstattung hat. Sollte es offene Fragen geben, müssen nur diese in einem online-Formular beantwortet werden. Alle anderen Informationen, welche sich aus den Daten der Bahn herleiten lassen, werden selbstverständlich nicht noch einmal abgefragt. Gibt es keine offenen Fragen, teilt einem die Bahn bereits in der ersten E-Mail mit, welchen Betrag man zu welchem Zeitpunkt auf sein hinterlegtes Konto überwiesen bekommt. Das würde ich echte Digitalisierung nennen.